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Viertelgeschichten

Stadtkinder: Macht euch schmutzig!

Bettina und „Macht Euch schmutzig!“ geht mit Euren Kindern raus

Platz frei: Bettina und „Macht Euch schmutzig!“ geht mit Euren Kindern raus  

Es gibt Kitas, die machen sich die Arbeit: Frühstück einpacken, den Bus satteln und mit den Maxis an der Hand auf den Südfriedhof um Eichhörnchen zu beobachten, in der Projektwoche gar raus an die Isar. Aber…

Aber jede Mutter kennt das nagende Gefühl, dass die Kinder eigentlich zu viel drin sind oder wieder nur auf demselben Spielplatz, sogar am Wochenende, wo doch endlich Zeit und Energie übrig wäre. Eigentlich. So auch Bettina Herrmann, deren Mann ihr irgendwann daheim im Rodenstock Garten entgegnete: „Dann geh Du doch mit den Kindern raus.“ Das gärte. Bis sie sich entschloss, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und, obwohl ursprünglich aus dem Medienbereich kommend, per Fernstudium zur „Natur- und Umweltpädagogin“ umzusatteln.                           

Wo ist denn jetzt der Bär?

Diesen Satz kriegt Bettina im Wald öfter zu hören, warum auch nicht: Jedes zweite Kinderbuch ist voller spannender Abenteuer von Eule, Fuchs und Bär. Dass die sich tagsüber eher rar machen und was es denn überhaupt zu sehen gibt, verstehen die wengisten Stadtkinder von allein. Bettina hat inzwischen eine Antwort gefunden: „Bären gibt’s heute wahrscheinlich nicht zu sehen, aber schau mal da am Boden…“ Da wird auch mal mit dem Stethoskop am Baum gehorcht, wie die Säfte im Frühjahr fließen. Für ihren Bedarf an mehr Natur für die Kinder hat sie ebenfalls die Antwort: Mit „Macht Euch schmutzig!“ will sie Stadtkinder wieder zurück in die Natur bringen, denn man schützt nur, was man kennt und liebt, sagt sie mir im Gespräch und verweist auf die Fridays-for-Future-Proteste. Um den Kindern die kleinen Wunder wieder näherzubringen, organisiert sie inzwischen Workshops rund um München und auf dem Gmünder Hof in Weilheim in Kooperation mit dem Verein Brücke Oberland. Dabei verbindet sie Waldexkursionen mit dem Bauernhof, die Erzieher der Kindertagesstätten sind natürlich mit dabei. Kosten tut das Ganze natürlich schon was, aber Bettina ist nebenbei fleissig bei der Akquise von Förderern der Programme. Aktuell finanziert die Playmobil Stiftung Kinderförderung mehrere Halbjahresprojekte, die jetzt im Frühjahr starten. Auch die Edith-Haberland-Wagner Stiftung hat bereits im vergangenen Herbst ein Pilotprojekt finanziert.

Münchner Kindl auf’s Land

„Zur Zeit spreche ich mit einigen Förstern in und um München, die können die Anfrage für Waldführungen teils kaum bewältigen- erst recht, wenn es wieder eine Borkenkäfer-Attacke oder Sturmperiode gibt“, berichtet sie. Im Moment hat sie noch einen voll finanzierten Platz für eine Kindergartengruppe frei und möchte über dreimuehlenviertel.de zur Bewerbung aufrufen. Die Ausflüge werden individuell mit den Kindergärten abgestimmt. Bisher waren vor allem private und Elterninitiativen schnell begeistert, aber auch städtische sind willkommen. Die ersten Termine können schon im Mai stattfinden, zum Wald wird mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren „damit Kindergärten und Eltern auch ohne uns mutiger werden, wenn sie den Weg erstmal kennen“, erklärt Bettina ihr Ziel. „Studien besagen, dass Kinder in keinem Alter so viel und intensiv über ihre Umwelt lernen, wie im  Vorschulalter.“, vielleicht auch nicht der schlechteste Zeitpunkt, so kurz vor dem ersten Sachkundeunterricht. Seit diesem Jahr gibt es daher einwöchige Ferienprogramme für Grundschüler. Für jedes Alter beginnt der typische Tag im Wald erstmal mit einem Morgenkreis, zum Beispiel zum Themenschwerpunkt „Frühling im Wald“ oder “Was krabbelt denn da“. Dann geht es ins Unterholz, auf Spurensuche.